"Was ich des Tags verdient mit meiner Harfe, das geht des Abends wieder in den Wind"


Lieder und Leben der Berliner Harfenjule Louise Nordmann, geb. Schulze (1829-1911)
zum 100-jährigen Todestag

Nancy Thym - Gesang, Erzählung und Harfe

Ein Einfrauenmusical - Theater, Gesang und Harfenspiel in einem. Die Harfenjule Louise Nordmann, die einst mit ihrer Harfe auf dem Rücken durch die Straßen Berlins zog, wird durch Nancy Thym zu neuem Leben erweckt. Sie erzählt ihre Erlebnisse als Harfenjule, ihr Schicksal, ihre Liebe, ihre Enttäuschungen und singt dazwischen ihre Lieder.

siehe auch: Repertoire • Lebende Geschichte • Einfrauenmusicals


Im 18. und 19. Jahrhundert waren sie in Europa eine häufige Erscheinung, die Harfenjulen, Harfenmädchen und Wanderharfner, die an Straßenecken, auf Jahrmärkten und in Wirtshäusern ihre Musik für ein paar Kreuzer zum Besten gaben. Goethe setzte ihnen beispielsweise ein Denkmal mit seinem Harfner in Wilhelm Meister. Aus Begeisterung für sein Können komponierte Mozart ein Stück für einen Wirtshausharfner in Prag. Maler des 18. und 19. Jahrhunderts setzten sie in ihre Bilder.

Oft waren es Frauen, die allein oder zu zweit mit der Harfe auf dem Rücken durch die Welt zogen. Berlin war noch bis ins 20. Jahrhundert Heimat einer Harfenjule, Louise Nordmann mit bürgerlichem Namen. 1829 wurde sie in Potsdam geboren. Sie kam zwar blind zur Welt jedoch versehen mit einer wunderschönen Stimme. Durch eine Operation bekam sie 50% der Sehkraft wieder.

Einem Gönner verdankte sie Musik- und Gesangsunterricht. Als Straßenmusikerin mußte sie dann genug verdienen, um sich selber und die Eltern zu ernähren.

1865, nachdem die Eltern starben, heiratete sie einen Marionettenspieler, doch er starb schon 1871 an Tuberkulose. Sie siedelte nach Berlin um, weil dort die Verdienste besser waren. Dort zog sie bei jedem Wetter durch die Straßen, Harfe auf dem Rücken, einen großen Strohhut mit Schleifen und Blumen geschmückt auf dem Kopf. Halb blind griff sie trotzdem kräftig in die Harfensaiten. Eines Tages wurde sie von einer Droschke überfahren. Doch dank starker Konstitution überlebte sie, um ein paar weitere Jahre, nicht mehr so ganz stabil, ihrer Arbeit nachzugehen.

Sie starb vor hundert Jahren 1911.

Die Harfen der Harfenjulen waren keine Pedalharfen sondern leichte, tragbare sog. "Hakenharfen". Am Hals der Harfe waren kleine Metallhaken angebracht. Durch Drehen eines Hakens gegen eine Saite konnte diese Saite um einen halben Ton erhöht werden.

Heute ist die Musik der Hakenharfe fast vergessen. NANCY THYM versucht, diese alte deutsche und böhmische Tradition wieder lebendig zu machen.

Mit Hilfe einiger Harfenschulen des 18. Jahrhunderts, speziell für Hakenharfe geschrieben, setzt sie sich intensiv mit der Spielweise der Hakenharfe auseinander. Durch alte Zeitungsartikel, Feldaufnahmen und Archivbestände war es möglich, Lieder der Berliner Harfenjule sowie anderer Wanderharfenistinnen des 19. Jahrhunderts ausfindig zu machen.

Mit einer böhmischen Hakenharfe begleitet NANCY THYM ihren Gesang. Unterstützt wird sie durch Thilo Viehrig mit Geige und Marionetten. In Kostümen der Zeit entführen sie in vergangene Zeiten und ein Teil Berliner Musikgeschichte wird wieder lebendig.